Mittwoch, 18. März 2009

Porfolio: Gedichtinterpretation

Verbesserung:
Gedichtinterpretation
Stufen von Hermann Hesse

Hermann Hesse (1877 – 1962) schrieb das Gedicht „Stufen“ im Jahr 1941. Das Gedicht handelt vom Verlauf des Lebens, und von den von ihm genannten Stufen, die er betritt, hinter sich lässt und auch immer vor sich hat. Das Leben lehrt uns vieles, das uns weit bringen kann. Gelerntes wird von Stufe zu Stufe weiter genommen, aber es gibt auch Situationen, in denen wir loslassen oder auch zurücklassen müssen. Das Gedicht ist in keinem festen Versmaß geschrieben und hat auch kein wirklich erkennbares Reimschema. Es besteht aus sechs Strophen, von denen fünf jeweils vier Zeilen haben und eine die nur aus zwei Zeilen besteht. Ich werde es nun etwas näher betrachten.

Im ersten Absatz über das Blühen der Jugend und das Blühen des Lebens. Das lyrische Ich vergleicht hier die welkende Blüte und die „Jugend, [die] Dem Alter weicht,“. Auffallend ist auch, dass er oft das Wort „jede“ benutzt [jede Lebensstufe/ jede Weisheit/ jede Tugend]. (…blüht jede Lebensstufe, Blüht jede Weisheit auch jede Tugend Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern). Hier meinte er wohl, dass wir nicht ewig auf einer unserer Lebensstufen stehen bleiben dürfen. Es passieren viele Ereignisse in unserem Leben, doch wir müssen weiter gehen.

Weiters ist mir aufgefallen, dass in der ersten Strophe sehr viele e- und ei- Laute zu finden sind, was beim Lesen einen sehr hellen und positiven Klang hergibt. Und beim Wort „Blüte“ wird die Aufmerksamkeit auf Grund des plötzlich vorkommenden „Ü“ schon zu Beginn erweckt und auch auf das Leben gerichtet. Bei „jede Jugend“ erkennt man eine Alliteration. Es gibt eine Anapher bei [blüht jede Lebensstufe/ Blüht jede Weisheit…].

Was mir noch aufgefallen ist, dass Hesse oft den Satzbau nicht richtig ansetzt und Sätze wie [Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend]. Es lässt sich auch schon zu Beginn erkennen, dass die ganze Strophe aus nur einem Satz besteht und wir erst am Schluss einen Punkt haben, dazwischen jedoch nur wenige Beistriche, was auch nicht viele Zäsuren zulässt.

In der zweiten Strophe erzählt das lyrische Ich wiederum davon, dass im Leben so einiges passiert und wir immer wieder bereit sein müssen, etwas Neues zu beginnen [Bereit zum Abschied sein und Neubeginne]. Er meint damit, dass wir auch loslassen müssen um gewisse Ereignisse hinter uns zu lassen und das Leben weiter zu leben.

Was als Allererstes auffällt ist das Wort „Herz“. Denn bei all den weichen Wörtern wie „es muß“ oder „bei jedem“ wird auch hier wieder die volle Aufmerksamkeit auf das Wort „Herz“ bezogen. Es sticht heraus mit dem Buchstaben „z“ und unterbricht den Satz ein wenig. Die zweite Strophe verbindet sich mit der ersten ein bisschen, denn es ergibt sich ein Wortfeld aus den Worten „Weisheit“, „Tugend“ und „Tapferkeit“. Auch in diesem Satz haben wir wieder eine Assonanz auf e und ei und es lässt sich in der zweiten Zeile eine Ellipse erkennen [Blüht jede Weisheit zum Abschied sein und Neubeginne].

Der dritte Absatz besteht nur aus zwei Zeilen und damit auch nur aus einem einzigen Satz, der aber genau darum eine sehr starke Botschaft hat. [Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,/ Der uns beschützt und der uns hilft zu leben]. Meiner Meinung nach meint Hesse damit die Euphorie die wir entwickeln, wenn wir etwas Neuem und Unbekannten begegnen. Wenn wie eine neue Stufe in unserem Leben betreten. Und genau dieser „Zauber“ treibt uns weiter.

Auch hier lassen sich wieder sehr viele e- Laute erkennen was wiederum hell und positiv wirkt. In der zweiten Zeile [der uns beschützt und der uns hilft…] wiederholt er sich im Aufbau des Satzes. Durch das „der uns hilft“ wird das „der uns beschützt“ nochmals unterstützt und in der Aussage bestärkt.

In der vierten Strophe ist sehr viel Bewegung im Spiel „durschreiten“, „hängen“, „fesseln“, „heben“, „weiten“. Es geht hier darum, dass wir stets weitergehen sollen und nie irgendwo stehen bleiben [An keinem wie an einer Heimat hängen]. Hier mein Hesse wohl, wir sollen nicht an der Vergangenheit „hängen“ bleiben, sondern an die Gegenwart und vor allem an die Zukunft denken. Das Wort „Heimat“ bringt immer bestimmte Gefühle, wie Schutz und Wohlgefühl mit sich. Deshalb denken wir dabei auch gleich ans „für-immer-da-bleiben“. Doch wenn wir im Leben weiter kommen wollen, geht das nicht. Hesse meinte, wir müssen uns bewegen, um weiterzukommen. Weiteres kommt hier auch der „Weltgeist“ vor, den man gut mit dem „Zeitgeist“ vergleichen kann. Der Zeitgeist ist das Geschehen im Hier und Jetzt. Wer da nicht mithalten kann, geht unter und wird zum Langweiler. Wie der „Weltgeist“ nicht „fesseln“ und „engen“ will, will auch der Zeitgeist, dass wir mitgehen.

In der zweiten Zeile gibt es eine Alliteration auf „h“ [Heimat hängen] und wiederum eine Verschiebung der Satzteile […will nicht fesseln uns und engen]. Es lassen sich auch, ganz im Gegensatz zu den vorherigen Strophen, sehr viele Beistriche erkennen und zum Schluss ein Klimax [heben, weiten]. Es sind auch hier wieder einige e- und ei- Laute zu erkennen.

Die ersten beiden Zeilen der fünften Strophe hängen sehr stark an der vorhergehenden Strophe an. Denn mit [Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise/ Und tauglich eingewohnt, so droht Erschlaffen] meint Hesse auch hier wieder, wenn wir nicht mit dem Welt- oder auch Zeitgeist mitleben, „erschlaffen“ wir. Wenn wir uns irgendwo niederlassen, scheint das Leben dort stehen zu bleiben und wir gehen keine Stufe mehr weiter. Und dann kommt seine Aussage, seine Aufforderung zur Bewegung [Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,/ Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen].

Mit den Worten „heimisch“ und „traulich eingewohnt“ bewirkt Hesse ein sehr starkes Gegengefühl zu den vielen Bewegungen, die in der vierten Strophe sind. Er benutzt auch auf einmal viele au- und ä- bzw. ö- Laute, was auch wieder ein Gegenteil zu den hellen e- Lauten bildet. Und bei dem Wort „Aufbruch“ kann man richtig spüren, mit welcher Energie ein solcher Aufbruch zu tun hat. Denn Hesse hat das Wort auch hier wieder so angesetzt, dass es durch den sich verändernden Klang die Aufmerksamkeit des Lesers/ der Leserin bzw. des Zuhörers/ der Zuhörerin auf sich zieht. Und auch hier hat er wieder eine nicht ganz korrekte Satzteilverschiebung eingebaut [Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise].

Im sechsten und somit auch letzten Absatz des Gedichts, spricht Hermann Hesse nicht wie zuvor von „Lebensstufe“, „Lebensrufe“ oder etwa Lebenskreise“, sondern hier widmet er sich der „Todesstunde“. Doch er schreibt hier keineswegs in einem negativen Sinne. Auch hier sagt er wieder, dass sich auch zum Schluss unseres Lebens noch „neue Räume“ öffnen können. Er meint damit, dass es nicht vorbei sein muss, wenn wir alt sind. Auch den späteren Lebensjahren können wir noch durchaus schöne und neue Dinge erleben. Mit [und neuen Räumen jung entgegen senden] meint er, dass wir auch, wenn wir alt sind, noch in bestimmte Situationen kommen können, in denen wir „jung“ und unerfahren sind.

Aber er schreibt auch hier, in den letzen beiden Sätzen über das Leben [Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…]. Er meint damit, dass das Leben niemals aufhört uns neue Stufen bereitzustellen, und wir immer wieder neue Situationen entdecken können. Das Leben wird immer wieder Forderungen an uns stellen, bis wir eben sterben und unser Herz „Abschied nimmt und gesundet“.

Es lassen sich hier wieder viele u- und au- Laute erkennen, die wieder ein Gegenteil zu den e- Lauten stellen. Doch trotzdem lässt sich aus dem Klang heraus die positive Sichtweise erkennen.

Im Satz [Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…] wird das „niemals enden“ nochmals sehr stark durch die drei darauf folgenden Punkte „…“ verstärkt, was auch etwas Endloses mit sich bringt.

Die Aussage des Gedichtes ist mir ziemlich schnell klar geworden. Hermann Hesse beschreibt auf eine präzise, aber wunderschöne Art, das Leben. Es ist gut verständlich und gut zu lesen. Auch nach längerem Betrachten des Gedichtes verändert sich die Aussage, die Hermann Hesse zu vermitteln versucht, nicht. Dadurch, dass er von Stufen spricht, bekommt man eine wirklich gute Vorstellung davon, wie wir im Leben weiterkommen und von Ereignis zu Ereignis geraten, vor allem auch wie wir durch die verschiedenen Schicksalsschläge wachsen und uns weiterbilden. Hesse lehrt uns durch das Gedicht, das Leben ein wenig anders zu sehen und drängt uns dazu immer weiter zu gehen.

Mir hat das Gedicht wirklich sehr gut gefallen. Wie er das Gedicht von der Jugend und deren Blüte, über den Zauber der in jedem Anfang und Neubeginn steckt, bis hin zu dem Weltgeist, der uns weitertreibt und schlussendlich bis hin zum niemals endenden Ruf des Lebens an uns, entwickelt, das ist eine Komposition von Ausdrücken und Worten, wie ich sie bis jetzt erst selten gelesen habe. Das Gedicht erzählt uns von genau jener Sicht über das Leben, wie sie für mich am schönsten dargestellt ist.

Franz Kafka - Die Vorüberlaufenden

Ich war krank.